Der Museumskurier Heft 3 1998


Vorwort der Redaktion

Liebe Museumsfreunde!
Im vergangenen Jahr hat sich wieder einiges im Bezug auf unser zukünftiges Domizil in der Beschußanstalt getan. Einen kurzen Bericht zum Stand der Dinge war in der letzten Ausgabe zu lesen. Ab Anfang März haben wir vor uns regelmäßig in den Räumen der Beschußanstalt zu treffen, um hier, vor Ort, den Fortgang der Dinge zu unterstützen. Seit Anfang dieses Jahres kann man unseren Verein auch im Internet besuchen. Zwei Mitglieder haben sich die Mühe gemacht und eine eigene Homepage mit zahlreichen Informationen angelegt. Wer also über einen entsprechenden Anschluß verfügt, kann uns mal besuchen. Die Adresse steht im Impressum ab dieser Ausgabe.

Museumsentwicklungskonzeption (Kurzfassung)

Zum Aufbau eines technikorientierten Stadtmuseums in Zella-Mehlis in Ergänzung des Stadtrats-Beschlusses vom 24.03.1992. Oben genannte Konzeption wurde am 13.05.1997 vom Rat der Stadt Zella-Mehlis zum Beschluß erhoben. Die nachfolgende Kurzfassung beinhaltet deren wesentliche Aussagen.

Historische Bedeutung der "Beschußanstalt"
Die Museumsentwicklungskonzeption unserer Stadt bezieht sich gebäudeseitig auf das unter Denkmalschutz stehende Ensemble der ehemaligen "Herzoglich-Sächsischen, später Thüringischen Beschußanstalt Zella-Mehlis". Dieses Objekt befindet sich in der Anspelstraße 25 und damit im Zentrum zwischen den ehemaligen Einzelorten Zella St. Blasii und Mehlis. Erbaut in mehreren Schritten ab dem Jahre 1893, stellt es in seiner vormaligen Funktion (Sicherheitsüberprüfung von Waffen und Waffenteilen durch Beschuß) und mit noch vorhandenen architektonischen Details einen der letzten Bauzeugen der einstmals bedeutsamen Waffenproduktion in Zella-Mehlis dar. Das Gebäude ist daher für die Einrichtung eines technischen Museums geradezu prädestiniert.

Einschätzung des derzeitigen Standes der musealen Arbeit
Das derzeitige Museum der Stadt Zella-Mehlis befindet sich seit dem Jahre 1963 in der Hauptstraße 2. In diesem ehemaligen Wohn- und Geschäftshaus können z.Z. nur 20% des Fundus in den Ausstellungen gezeigt werden. Wesentliche "historische Potentiale" unserer Stadt können wegen ungeeigneter bzw. fehlender Räumlichkeiten nicht angeboten werden , z.B.

Der Restfundus lagert unter teilweise konservatorisch-klimatisch untragbaren Bedingungen in überfüllten Magazin- und Depoträumen im Museum und in notwendigerweise angemieteten Außendepots. Die Ausstellungs-, Magazin- und Depoträume selbst sind baulich und versorgungstechnisch teilweise auf Vorkriegsniveau, was erhebliche Sicherheitsrisiken in sich birgt. Das derzeitige Museum ist trotz allem ein wesentlicher touristischer Anziehungspunkt. Ein hoher Anteil der Besucher sind darüber hinaus Schulklassen aus Zella-Mehlis, aus vielen Gegenden Deutschlands und dem Ausland. Gemessen an den Möglichkeiten, die der Fundus des Hauses bietet, ergäbe sich beim Vorhandensein entsprechender Bedingungen gerade in Zusammenarbeit mit verschiedensten Bildungseinrichtungen ein reiches Betätigungsfeld. Das Museum kann auf Grund der baulichen Gegebenheiten bisher von gehbehinderten Menschen nicht besucht werden.

Schwerpunkte für die zukünftige Arbeit eines Stadtmuseums
Soll ein Museum in Zella-Mehlis zu einem infrastukturellen Faktor werden, so ist es erforderlich, daß in einem dafür geeigneten Gebäude unsere "historischen Potentiale" weit mehr als bisher Beachtung finden können. Diese sind in der unseren Ort einbettenden Mittelgebirgslandschaft, der weit zurückreichenden Geschichte der ehemaligen Einzelorte Zella St. Blasii und Mehlis und in der handwerklichen und industriellen Entwicklung zu finden. Und nicht zuletzt in den Menschen, die hier lebten und arbeiteten. Es müssen museale Bereiche sein, die bereits heute von unseren interessierten Besuchern erwartet werden und die darüber hinaus weitere Interessentengruppen ansprechen. Noch ist Zella-Mehlis bei Deutschlands älterer Generation als Stadt der Metallverarbeitung und des Sportes im Thüringer Wald bekannt. Man erinnert sich auch an die Waffenproduktion und an den Automobilbau. Für unsere Stadt später einmal ein neues Image zu erarbeiten, wird wesentlich aufwendiger sein. Nach Aufnahme des derzeitigen Arbeitsstandes am Heimatmuseum und dem Erforschungsstand zur Geschichte unserer Stadt, müßten folgende Ausstellungsbereiche schwerpunktmäßig angeboten werden.

Die musealen Bereiche im Objekt Beschußanstalt
Die Hauptbereiche eines Museum ergeben sich aus ihren unterschiedlichen Funktionen. Es sind dies:

Diese aufgeführten Bereiche lassen sich auf Grund der räumlichen Gliederung der Beschußanstalt recht gut einordnen. So sollten die ehemaligen Beschußgebäude von 1893 und 1906 im wesentlichen die Ausstellungen beherbergen. Hierzu käme die Kasse und der Verkaufsbereich für Literatur und Souvenirs. Im Kellerbereich befände sich das Besucher-WC, eventuell. Schauwerkstätten, Depoträume und eine Werkstatt. Für den Giebelbereich ist ein Schaumagazin für Mercedes-Büromaschinen vorgesehen. Das zuletzt als Wohnhaus genutzte Gebäude sollte den Verwaltungsbereich aufnehmen (Büro, Arbeitsraum, Aufenthaltsraum, Bibliothek / Archiv, Personal-Sanitärbereich). Hinzu kämen hier noch die Magazine, wo dann der Restfundus nach klimatisch-konservatorischen Gesichtspunkten gelagert werden kann.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß mit der Realisierung dieses Vorhabens ein leerstehendes denkmalgeschütztes Gebäude im Zentrum von Zella-Mehlis einer sinnvollen Nutzung zugeführt würde. Die räumlichen Probleme des jetzigen Museums würden damit gelöst. Darüber hinaus stellt die inhaltliche Gliederung des geplanten Museums eine direkte Fortführung des Waffen- u. Kleineisenmuseums dar, welches bis 1945 in Zella-Mehlis existierte. Und nicht zuletzt kann so ein attraktiver Anziehungspunkt für Einheimische, Touristen und Bildungseinrichtungen sowie für Sammler, Wissenschaftler und Fachleute des In- und Ausland geschaffen werden.

Lutz von Nordheim
Leiter d. Heimatmuseums

Rudolf Presber


Anmerkung der Redaktion:

Mit dem folgenden Artikel möchte der Autor ein Thema beschreiben, daß nicht unbedingt mit Zella-Mehlis oder unserem Verein zu tun hat. Vielmehr soll das Interesse des Lesers für die Schriften des Literaten Presber geweckt werden. Der Museumskurier soll ja durchaus auch für allgemeine Themen offen sein, welche interessant und mitteilenswert sind. Wir möchten damit auch dazu aufrufen, der Redaktion interessante Artikel für den Museumskurier zur Veröffentlichung zuzusenden.

Rudolf Otto Hermann Presber wurde am 4. Juli 1869 in Frankfurt/Main geboren. Bereits als Primaner am Karlsruher Gymnasium schrieb er das Festspiel zur 300. Jahrfeier des Gymnasiums. Studium der Philosophie, Literatur und Kunstgeschichte in Heidelberg und Freiburg folgten. 1892 Promotion in der Philosophie, in dem Jahr er auch Hedwig Dietz heiratete, von der er sich sieben Jahre später wieder trennte. Schon vor dem ersten Weltkrieg als Bühnenautor und Schriftsteller erfolgreich, war er zwischen den beiden Kriegen einer der bekanntesten und beliebtesten deutschen Erzähler.

Mit einem feuchten und einem heiteren Auge vermag er immer wieder an die Tiefen menschlichen Seelenlebens zu rühren, erweckt aber niemals den Eindruck des Gewollt-Tiefsinnigen, sondern besticht durch die Natürlichkeit und Frische einer begnadeten Künstler-Persönlichkeit.

1898 ging er nach Berlin und arbeitete als Feuilleton-Redakteur und Theaterkritiker bei der Zeitung "Post" bis 1905. Erinnerungen an Reisen nach Ägypten, Palästina, Türkei und Griechenland aus jener Zeit finden wir in manchen Erzählungen.

Eine Reihe von humoristischen Geschichten mit dem Titel "Von Leutchen die ich lieb gewann" erschienen zuerst in der "Post", später als Buch. Theaterkritiken und Übersetzungen von ausländischen Theaterstücken folgten.

1905 war er zunächst Schriftleiter der "Lustigen Blätter", denen er bis zum Tode treu blieb. In dieser Position arbeitete er mit den besten deutschen Karikaturisten seiner Zeit zusammen. Nachdem seine ersten Theaterstücke erfolgreich an mehreren deutschen Bühnen liefen, manchmal standen in einer Spielzeit drei Stücke von ihm auf den Plänen der Berliner Theater, löste er sich aus seiner festen Anstellung, um als freischaffender Schriftsteller tätig zu werden.

1909 heiratete er seine zweite Frau, Emma Otten, eine Holländerin und zog mit ihr in die nach seinen Plänen gebaute Villa in der Trabenerstraße im Grunewald. Sein zweites Häuschen stand in Morcote am Luganer See.

Während des ersten Weltkrieges stand Presber zu Kaiser und Vaterland. Ehrenamtlich war er im Kriegspresseamt tätig. Der Kaiser empfing ihn oft und lud ihn auch noch später in Doorn ein. Krieg und Inflation hatten genommen, was zu nehmen war. Jahre später nach Verbesserung der finanziellen Situation, erstand er im lieblichen Graal an der Ostsee ein Häuschen, in dem die Kinder ihre Sommer zwischen Wald und Meer verleben durften. Mit ehrlichem Schmerz erfüllt, mußte er es erst wieder aufgeben, als die Pflichten der Schule den Kindern drei volle Sommerwochen nicht mehr erlaubten. Dies geschah nach zehn Jahren.

1922 - 1929 verbrachte Presber die Ferien mit seiner dritten Frau und den Kindern in Graal. Das Sommerdomizil Rudolf Presbers "Haus Ithaka" ist der Schauplatz eines gleichnamigen Buches.

Hinter heiteren Schilderungen der häuslichen Atmosphäre von Haus Ithaka mit seinen geladenen und ungeladenen Gästen und den unvorhergesehenen turbulenten Ereignisse eines Sommerurlaubes an der See spürt man das eigene Erleben, die Wahrhaftigkeit der nicht überzeichneten Gestalten und auch sehr Ernstes und Besinnliches. Aus seiner religiösen Grundeinstellung nahm er die Kraft um auch über die schweren Dinge hinweg zu kommen.

Der Verlust des Häuschens in Morcote und der Grunewaldvilla zwang ihn zur Suche nach einer Stadtwohnung, wie er sie in der Sächsischen Straße fand.

Seine letzten Jahre verbrachte er in der von ihm benannten Villa Eva in Rehbrücke bei Potsdam. Es wurden schwere Jahre für ihn. Mit dem Zusammenbruch in der Weltwirtschaftskrise verlor er abermals sein wieder hart erarbeitetes Vermögen.

Ab 1933 kamen Schwierigkeiten in Bezug auf die Herausgabe von Büchern hinzu. Ein Grund dafür lag die in allen Arbeiten zum Ausdruck kommende liberale Einstellung zum Judentum und in der nicht verhohlenden Abneigung gegen die braunen Auswüchse, die er mehrmals zum Ausdruck brachte. Die daraus resultierenden Sorgen als Vater von vier unmündigen Kindern belasteten ihn genauso sehr wie beruflicher Druck.

Nach reichem Schaffen verstarb er am 30. September 1935 im Potsdamer St.-Josephs-Krankenhaus während einer Bruchoperation. Sein Humor der sich über den täglichen und oft deprimierenden Alltagskram erheben kann, tut uns allen gut. Seine Erzählungen sind in helle Farben getaucht, die selbst die ersten Szenen von einem wehmütigen Humor überhauchen.

Auswahl seiner Werke/Auflagen

Jürgen Wagner
Feldgasse 42
98544 Zella-Mehlis

Termine 1998

30. April
Walpurgisnacht im Bürgerhaus. Höllisches Spektakel für große und kleine Hexen (Beteiligung des Geschichts- und Museumsvereins)

09. Mai
Wanderung des Geschichts- und Museumsvereins entlang der Zella-Mehliser Grenzen - Grenzsteinwanderung

09.-10. und 16.-17. Juli
Projekttage für Kinder (Mundart)

22. August
Museumsfest an der Gesenkschmiede Lubenbach

29. August
Sommerfest des G.u.M.V. am Regenberg

11.-13. September
9. Stadtfest in Zella-Mehlis, Ruppertusmarkt. Beteiligung des Geschichts- und Museumsvereins mit Museumsfest am Heimatmuseum

02.-04. Oktober
Kirmes in Mehlis, Teilnahme am Umzug

24. Oktober
Jahreshauptversammlung des Geschichts- und Museumsvereins mit Vorstandswahl 14.00 Uhr in der Scheune des Bürgerhauses

20. November
19.30 Uhr Spinnstubenabend in der Scheune des Bürgerhauses

04.-05. Dezember
Markt Mehlis, Nikolausmarkt

16.-20. Dezember

Rathausplatz Zella-Mehlis, Weihnachtsmarkt

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