Ferdinand Helfricht
Ferdinand Helfricht wirkte von 1829 bis zu seinem Tode im Jahre 1892 künstlerisch in Gotha. Er fühlte sich persönlich und arbeitsmäßig so eng mit der herzoglichen Residenzstadt verbunden, dass er sogar lukrative auswärtige Angebote ausschlug. In der „Neuen Münze“ (1828-1838) unterhalb des Schlosses schnitt er als Hofgraveur zahlreiche Münzstempel für die Prägungen des Hauses Sachsen- Coburg und Gotha und führte offizielle, aber auch private Medaillenaufträge aus. Nach 1854 wechselte das Domizil von Helfrichts Arbeitsstätte wiederholt. Von 1855 bis 1868 war das Prägewerk im Innern des Hofes von Schloss Friedenstein in einer an den Westturm angrenzenden Baracke untergebracht, später im sogenannten Magazinhäuschen am Eingang zum Schlosspark.
Besondere Bedeutung erlangte Helfricht mit seinem Medaillenschaffen, dem er sich im Verlaufe seines Wirkens als Stempelschneider zunehmend zuwandte. Seine Medaillen zeichnen sich durch handwerkliches und künstlerisches Können aus. Beeindruckend sind in erster Linie seine ausdrucksstarken Porträts und die bildnerische Originalität der allegorischen Darstellungen. Klassizistische Stiltendenzen werden v. a. bei den Rückseitenbildern spürbar, wobei antike Gottheiten und Personifikationen gehäuft bis in die 50iger Jahre des 19. Jahrhunderts vorkommen.
Neben den Gedenkprägungen auf die Regenten verschiedener Herzoghäuser, schuf Helfricht zahlreiche Personen- und Städtemedaillen, Verdienst- und Preismedaillen. Das Münzkabinett Gotha bewahrt sein Werk in beeindruckendem Umfang auf. Ergänzend zu den Medaillen und Münzen befinden sich noch 250 Stempel, Patritzen, Matritzen und Modelle von Helfricht in der Sammlung.
Auf die zweite Vermählung von Herzog Ernst I. von Sachsen-Coburg und Gotha (1826-1844) mit Prinzessin Maria von Württemberg schuf Helfricht 1832 eine Medaille, die auf der Rückseite zwei stehende weibliche Gottheiten zeigt (Abb.1, 2). Links ist Juno Pronuba mit Schale und Fackel dargestellt, rechts eine weibliche Gottheit, die eine Granatblüte hält. Juno als Urbild der ehrbaren römischen Frau und Familienmutter findet sich häufig auf klassizistischen Medaillen zum Thema Vermählung. Die rechte weibliche Gottheit erinnert an Darstellungen der antiken Spes als göttliche Personifikation der Hoffnung auf Glück.
Die Medaille auf die Vermählung des Erbprinzen Ernst von Sachsen-Coburg und Gotha mit Alexandrine von Baden aus dem Jahre 1842 stellt das Brautpaar in römischer Tracht auf einem von vier Rössern gezogenen Triumphwagen dar (Abb. 3). Die Pferde sprengen dabei paarweise nach links und rechts zur Seite und geben eindrucksvoll den Blick auf die Hauptpersonen frei. Das äußere linke Pferd wird von einem kleinen, geflügelten Liebesgott gehalten, das rechte Pferd bändigt ein Genius, der über der Schulter die für ihn typische Fackel trägt. Die Szene ist göttlich erhoben, wie die Wolke unter den Pferden versinnbildlicht. In antiker Bildtradition stehend, lässt sich Ernst als siegreicher Herrscher und Imperator darstellen.
Am 27. Januar 1869 stiftete Herzog Ernst II. von Sachsen- Coburg und Gotha (1844-1893) als Ehrenauszeichnung für Frauen, die in der Armen- und Krankenpflege besondere Verdienste erworben hatten, die „Medaille für weibliches Verdienst“ (Abb. 4). Diese zeigt auf der Vorderseite das Porträt Alexandrines und wurde von der Herzogin persönlich verliehen. Sowohl die Verdienstmedaille als auch das zugrundeliegende Wachsmodell (Abb. 5) von Helfricht befinden sich heute noch im Münzkabinett Gotha.
Ferdinand Helfricht zählt zweifellos zu den namhaften Medailleuren des 19. Jahrhunderts, wenn auch nicht zu den produktivsten Künstlern seines Metiers. Sein Gesamtwerk umfasst nahezu 200 Medaillen und Münzstempel. Bedeutungsmäßig gebührt ihm ein fester Platz in der Kunstgeschichte neben Zeitgenossen, wie A. Facius (1806-1874), F. W. Kullrich (1821-1887), C. C. Pfeuffer (1801-1861), F. Brehmer (1815-1889), C. F. Voigt (1800-1874).